Private Kapitalerträge werden regelmäßig – statt dem persönlichen Einkommensteuersatz – einem gesonderten Steuertarif von 25% (uzüglich Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer; siehe im Einzelnen § 32d EStG) unterworfen. Die Besteuerung wird durch Abzug „an der Quelle“ (z. B. durch Banken, Finanzdienstleister oder Kapitalgesellschaften) vorgenommen und hat Abgeltungswirkung. Das bedeutet, dass private Kapitalerträge in der Regel nicht in der Einkommensteuer-Erklärung angegeben werden müssen und somit eine endgültige Belastung dieser Erträge eintritt. (Zu Ausnahmen und Wahlrechten siehe Informationsbrief Mai 2022 Nr. 7.)
Das Finanzgericht Niedersachsen ist der Auffassung, dass die Abgeltungsteuerregelung gegen verfassungsrechtliche Grundsätze (wie die Gleichbehandlung aller Einkunftsarten sowie die gleichmäßige Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit) verstoße und daher verfassungswidrig sei. [FG Niedersachsen vom 18.03.2022 7 K 120/21 (Az. des BVerfG: 2 BvL 6/22).] Das Gericht begründet dies mit der Ungleichbehandlung von Beziehern privater Kapitalerträge, die mit einem Sondersteuersatz von (höchstens) 25% belastet werden und den übrigen Steuerpflichtigen, die mit ihren Einkünften dem (persönlichen) Steuersatz von bis zu 45% unterliegen.
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bleibt abzuwarten.
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