Gegen Jahresende fragen Sie sich vielleicht, ob auch Sie zur Inventur verpflichtet sind. Hierfür geben wir Ihnen in unserem Beitrag wichtige Hinweise mit auf den Weg.
Hierzu gilt: Eine Inventur ist nur erforderlich, wenn bilanziert wird. Aber die ordnungsgemäße Inventur ist eine Voraussetzung für die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung. Zudem kann bei nicht ordnungsmäßiger Buchführung das Finanzamt den Gewinn teilweise oder vollständig schätzen.
In der Regel findet die Inventur „am“ 31. Dezember statt. Falls Sie ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr haben, gelten die Ausführungen sinngemäß für den jeweiligen Bilanzstichtag.
Die Verpflichtung zur Inventur ergibt sich aus den §§ 240 und 241a Handelsgesetzbuch sowie aus den §§ 140 und 141 Abgabenordnung. Demgemäß sind Jahresabschlüsse aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen zu erstellen.
Dazu muss Ihr Inventar die Überprüfung der Mengen und der angesetzten Werte ermöglichen. Daher ist es notwendig, dass über jeden Posten im Inventar folgende Angaben enthalten sind:
Was Sie für die Inventur am Ende des Wirtschaftsjahres weiter beachten müssen, erfahren Sie mit folgenden Hinweisen.
Voraussetzung für die Aufstellung der Bilanz ist die Aufzeichnung der einzelnen Vermögensgegenstände (Inventar). Insbesondere die Erfassung des Vorratsvermögens (Bilanzpositionen: Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, unfertige und fertige Erzeugnisse, Waren) erfordert grundsätzlich eine körperliche Bestandsaufnahme (Inventur).
Auch kann das Vorratsvermögen mit Hilfe anerkannter mathematisch-statistischer Methoden aufgrund von Stichproben ermittelt werden wenn das Ergebnis dem einer körperlichen Bestandsaufnahme gleichkommt (§ 241 Abs. 1 HGB). Dazu kommen als weitere Inventurerleichterungen die Gruppenbewertung in Betracht.
Eine ordnungsgemäße Bestandsaufnahme ist regelmäßig am Bilanzstichtag oder innerhalb von 10 Tagen vor oder nach dem Bilanzstichtag durchzuführen. Bestandsveränderungen zwischen dem Tag der Bestandsaufnahme und dem Bilanzstichtag sind dabei zu berücksichtigen.
Die körperliche Bestandsaufnahme kann an einem Tag innerhalb der letzten drei Monate vor oder der ersten zwei Monate nach dem Bilanzstichtag durchgeführt werden, wenn durch ein Fortschreibungs- oder Rückrechnungsverfahren die ordnungsmäßige Bewertung zum Bilanzstichtag sichergestellt ist.
Die Fortschreibung kann nach der folgenden Methode vorgenommen werden, wenn die Zusammensetzung des Warenbestands am Bilanzstichtag nicht wesentlich von der Zusammensetzung am Inventurstichtag abweicht:
Körperliche Inventur 30. November 220.000 €
+ Wareneingang 1. bis 31. Dezember 70.000 €
% Wareneinsatz 1. bis 31. Dezember 90.000 €
= Inventur-/Bilanzwert 31. Dezember 200.000 €
Es ist auch zulässig, Teile des Warenbestands am Bilanzstichtag und andere Teile im Wege der Fortschreibung bzw. Rückrechnung zu erfassen. Bei Vermögensgegenständen mit hohem Wert, hohem Schwund oder Gegenständen, die starken Preisschwankungen unterliegen, ist eine zeitverschobene Inventur regelmäßig nicht anwendbar. Vgl. dazu auch R 5.3 Abs. 2 und 3 EStR.
Eine Bestandsaufnahme kann auch aufgrund einer permanenten Inventur erfolgen; hierbei kann der Bestand für den Bilanzstichtag nach Art und Menge anhand von Lagerbüchern (z. B. EDV-unterstützte Lagerverwaltung) festgestellt werden.
Dabei ist allerdings mindestens einmal im Wirtschaftsjahr der Buchbestand durch körperliche Bestandsaufnahme zu überprüfen. Wegen der weiteren
Eine permanente Inventur wird regelmäßig nicht anerkannt bei Vermögensgegenständen von hohem Wert, mit hohem Schwund oder bei hohen Mengendifferenzen (R 5.3 Abs. 3 EStR).
Das Inventar (Bestandsverzeichnis) muss den Nachweis ermöglichen, dass die Vermögensgegenstände vollständig aufgenommen worden sind.
In diesem Zusammenhang ist auf Folgendes hinzuweisen:
In das Bestandsverzeichnis müssen grundsätzlich sämtliche beweglichen Gegenstände des Anlagevermögens aufgenommen werden, auch wenn sie bereits abgeschrieben sind.
Auf die körperliche Bestandsaufnahme kann verzichtet werden, wenn ein besonderes Anlagenverzeichnis (Anlagekartei) geführt wird. Darin ist jeder Zu- und Abgang laufend einzutragen (vgl. R 5.4 Abs. 4 EStR).
Sofort abzugsfähige geringwertige Wirtschaftsgüter müssen in einem besonderen, laufend zu führenden Verzeichnis bzw. auf einem besonderen Konto erfasst werden, wenn die Anschaffungs-/Herstellungskosten mehr als 250 Euro und nicht mehr als 800 Euro4 betragen (siehe § 6 Abs. 2 Satz 4 EStG). Beträge gelten für ab 2018 hergestellte oder angeschaffte Wirtschaftsgüter und ohne Umsatzsteuer, unabhängig davon, ob ein Vorsteuerabzug möglich ist.
Für Wirtschaftsgüter zwischen 250 Euro und 1.000 Euro, die in den Sammelposten aufgenommen werden, bestehen – abgesehen von der Erfassung des Zugangs – keine besonderen Aufzeichnungspflichten. Sie müssen auch nicht in ein Inventar aufgenommen werden. Siehe auch BMF-Schreiben vom 30. September 2010 – IV C 6 – S 2180/09/10001 (BStBl 2010 I S. 755), Rz. 9 ff.
Leasinggegenstände sind im Anlagenverzeichnis zu erfassen, wenn sie dem Leasingnehmer zuzurechnen sind (z. B., wenn die Grundmietzeit weniger als 40 % oder mehr als 90 % der Nutzungsdauer beträgt oder bei Leasingverträgen mit Kaufoption).
Zur Inventur gehört auch die Aufnahme sämtlicher Forderungen und Verbindlichkeiten, also die Erstellung von Saldenlisten für Schuldner und Gläubiger.
Auch Besitz- und Schuldwechsel sind einzeln zu erfassen. Die Saldenlisten sind anhand der Kontokorrentkonten getrennt nach Forderungen und Verbindlichkeiten aufzustellen.
Grundsätzlich sind bei der Inventur die Vermögensgegenstände einzeln zu erfassen und entsprechend zu bewerten (§ 240 Abs. 1 HGB).
Soweit es den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht, können jedoch gleichartige Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens sowie andere gleichartige oder annähernd gleichartige bewegliche Vermögensgegenstände jeweils zu einer Gruppe zusammengefasst werden (Gruppenbewertung nach § 240 Abs. 4 HGB, siehe auch R 6.8 Abs. 4 EStR).
Als vereinfachte Bewertungsverfahren kommen die Durchschnittsbewertung oder ein Verbrauchsfolgeverfahren, wie z. B. bei Brennstoff-Vorräten (sog. Lifo-Verfahren; R 6.9 EStR) in Betracht.
Vermögensgegenstände des Sachanlagevermögens sowie Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe können, wenn sie regelmäßig ersetzt werden und ihr Gesamtwert für das Unternehmen von nachrangiger Bedeutung ist, mit einer gleichbleibenden Menge und einem gleichbleibenden Wert angesetzt werden. Die gilt sofern ihr Bestand in seiner Größe, seinem Wert und seiner Zusammensetzung nur geringen Veränderungen unterliegt (Festbewertung nach § 240 Abs. 3 HGB).
Diese Art der Bewertung kommt z. B. bei Werk zeugen, Flaschen, Fässern, Verpackungsmaterial in Betracht. Die durch Festwerte erfassten Gegenstände sind regelmäßig nur an jedem dritten Bilanzstichtag aufzunehmen. Für Gegenstände des beweglichen Anlagevermögens ist spätestens an jedem fünften Bilanzstichtag eine körperliche Bestandsaufnahme vorzunehmen.
Wird dabei ein um mehr als 10 % höherer Wert ermittelt, ist dieser neue Wert maßgebend (vgl. R 5.4 Abs. 3 EStR).
Bei der körperlichen Inventur werden die vorhandenen Vermögensgegenstände physisch aufgenommen.
Für die jeweiligen Aufnahmeorte (z. B. Lager, Verkaufsräume, Werkstatt) sind Inventurteams mit jeweils einem Zähler und einem Schreiber zu bilden.
Für die Bestandsaufnahme gilt insbesondere:
Inventurlisten und Unterlagen sind durchzunummerieren und vom Zähler und Schreiber zu unterzeichnen. Korrekturen während oder nach der Inventur müssen abgezeichnet werden. Aufzeichnungen können auch auf Datenträgern geführt werden. Inventur-Unterlagen sind 10 Jahre aufzubewahren.
Die Bewertung muss einwandfrei nachprüfbar sein. Das erfordert eine genaue Bezeichnung der Ware (Qualität, Größe, Maße usw.). Falls erforderlich, sind Hinweise auf Einkaufsrechnungen, Lieferanten oder Kalkulationsunterlagen anzubringen, soweit dies aus der Artikelbezeichnung bzw. Artikelnummer nicht ohne weiteres ersichtlich ist.
Wird eine Wertminderung (z. B. Teilwertabschreibung) geltend gemacht, ist der Grund und die Höhe nachzuweisen.
Bei prüfungspflichtigen Unternehmen empfiehlt sich vor der Inventur rechtzeitige Rücksprache mit dem Abschlussprüfer, weil auch die Inventur Gegenstand der Abschlussprüfung ist.
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